2020 (1)
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- ArticleBeyond Sedentarism and Nomadology: Yaa Gyasi’s HOMEGOING and the Ambivalent Desire for HomeHeinz, Sarah (2020) , S. 119-132Heim und Heimat sind auratische Begriffe, die häufig mit positiven Emotionen und Erlebnissen wie Behaglichkeit, Wärme oder Sicherheit verbunden werden. In solchen Assoziationen wird Heim/at zu einem stabil existenten Ort, einer organischen Gemeinschaft und einem angeborenen Gefühl, d.h. zu einer angeblich natürlichen Erfahrung, die von außen bedroht werden kann. Solch eine ‚sesshafte‘ Metaphysik sieht Mobilität als Pathologie oder Bedrohung und lehnt Heimatlosigkeit, Bewegung und alternative Modelle von Heim/at ab. Diese Konzepte von Heim/at sind von nomadologischen Ansätzen hinterfragt worden. Heim/at wird hier als gefährliche Fantasie und Ideologie verabschiedet, während eine radikale Heimatlosigkeit, Mobilität und nomadische Subjektivität zu einer Quelle für Widerstand gegen Essentialismus und staatliche Kontrolle werden.
- ArticleFluide IdentitätenHeimgartner, Stephanie (2020) , S. 111-118In den Literaturen der afrikanischen Diaspora bilden identitätspolitische Fragen nach wie vor einen Schwerpunkt. Aber die Verortung individueller Identität wird mit einer komplexen persönlichen oder familialen Migrationsgeschichte zunehmend schwieriger. Der Artikel diskutiert literarische Konzepte von Identitätsverflüssigung, Erfahrungen der Körperlosigkeit und Strategien des Namenswechsels an beispielhaften Texten von Léonora Miano, NoViolet Bulawayo und Fatou Diome und verdeutlicht, dass ein räumliches Konzept von Heimat heute notwendigerweise nur noch als prekär darstellbar ist und andersartige Identitätskonzepte an seine Stelle treten müssen.
- ArticleHeimat als vergiftetes und sich vergiftendes Ökosystem. Zur Überblendung von Erinnerungs-, Ökologie- und Herkunftsdiskurs in Josef Winklers LASS DICH HEIMGEIGEN, VATER, ODER DEN TOD INS HERZ MIR SCHREIBE (2017/18)Moser, Natalie (2020) , S. 53-66Kreisläufe sind Thema, Motiv und poetisches Prinzip von Josef Winklers Text LASS DICH HEIMGEIGEN, VATER, ODER DEN TOD INS HERZ MIR SCHREIBE (2017/18). Er handelt vom Skelett des SS-Soldaten Odilo Globocnik, das nach Ende des Zweiten Weltkrieges auf dem Gemeinschaftsacker des Dorfes Kamering vergraben wurde. Ausgehend vom Unverständnis über das kollektive Verschweigen der ‚Entsorgung‘ Globocniks im Gemeinschaftsfeld legt der Ich-Erzähler in einem briefähnlichen Text an seinen Vater diverse Kreisläufe offen, zu deren Stationen Nahrungsmittel, Personen, Narrationen etc. gehören, die das Skelett mit seiner Umgebung verketten. Ausgehend von der das Skelett enthaltenden Erde wird auf lokal zentriertem Handlungsraum eine toxische Nahrungskette nachgezeichnet und zugleich ein über die lokale Verhaftung hinausweisender globaler Schuldzusammenhang angedeutet. Das Konzept ‚Ökosystem‘ bildet das Muster, um Ökologie-, Erinnerungs- und Herkunftsdiskurs verbindend (von) Heimat zu erzählen.
- ArticleDie Semantik von ‚Heimat‘ in Zeitschriften/Literatur des späten 19. JahrhundertsPethes, Nicolas (2020) , S. 15-30Der Beitrag fragt, auf welche Weise das Konzept von ‚Heimat‘ in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im zeitgenössischen Massenmedium der Zeitschrift etabliert und ausgestaltet wird. Im Rahmen des universellen Anspruchs von Rundschau- und Familienblättern kann der lokal fokussierte Heimatdiskurs als zentrierendes Element für die Miszellaneität periodischer Formate identifiziert werden. Er erlaubt es auf diese Weise auch, nach der Funktion der in diesen Zeitschriften veröffentlichten literarischen Texte zu fragen. Ein Vergleich von Adalbert Stifters kanonisierten NACHKOMMENSCHAFTEN mit der heute vergessenen Erzählung DER SCHÜTZ’ VON DER PERTISAU von Herman Schmid, dem Herausgeber des Heimgarten, zeigt dabei, dass ‚Heimat‘ nicht nur auf geographische und kulturelle, sondern auch auf genealogische Komplexe bezogen wird und der zugehörige Diskurs in Gestalt von Stifters Kontrafaktur des Szenarios bei Schütz auch auf ironische Zuspitzungen hinauslaufen kann – eine Tendenz, die sich allerdings nur erschließt, wenn man Literatur im Kontext ihres Erstpublikationsorts wiederliest.
- ArticleTotale Entheimatung, oder: Die Vertreibung des Menschen von der Erde. Zur Aktualität von H.G. Wells’ THE WAR OF THE WORLDSLindemann, Uwe (2020) , S. 67-76Der Beitrag thematisiert anhand einer Analyse von H.G. Wells’ THE WAR OF THE WORLDS (1898) die prekäre Beziehung des Menschen zu seinem vermeintlich „natürlichen“ Heimatplaneten in einem Kriegsszenario, das auf die Vernichtungskriege des 20. Jahrhunderts vorausweist. Bereits Ende des19. Jahrhunderts macht Wells’ Roman die komplexen Rahmenbedingungen bewusst, innerhalb derer der Mensch die Erde als „natürlichen“ Lebensraum ansieht. Zugleich führt der Roman die Folgen vor, die mit einem Vernichtungskrieg und dem dadurch ausgelösten Zusammenbruch aller sozialen, politischen und institutionellen Sicherungssysteme einhergehen. Der Beitrag zeigt, dass Wells’ Text im Zeitalter globaler Flüchtlingsströme sowie elementarer ökologischer Veränderungen weiterhin höchste Aktualität besitzt
- ArticleZur lyrischen Inszenierung ‚natürlicher Heimat‘ — Der Blick auf den ‚Heimatplaneten‘ in Durs Grünbeins Gedicht TACCHINI (2014)Nesselhauf, Jonas (2020) , S. 77-90Das kurze Gedicht TACCHINI des deutschen Lyrikers Durs Grünbein, 1962 in Dresden geboren, aus dem Zyklus CYRANO, ODER: DIE RÜCKKEHR VOM MOND (2014), nimmt sich einem fast schon vergessenen lyrischen Topos an: Denn noch ein klassisches (Sehnsuchts-)Symbol in Gedichten des 18. und 19. Jahrhunderts, scheint die Lyrik der Gegenwart deutlich das Interesse am Mond verloren zu haben. Diese regelrechte ‚Entmystifizierung‘ mag an der ersten Mondlandung liegen, seit aus dem Erdtrabanten im Sommer 1969 ein nun konkret ‚erreichbarer‘ Ort geworden ist. Doch die ‚Eroberung‘ des Weltalls hatte auch einen überraschenden Nebeneffekt, nämlich die ‚Wiederentdeckung‘ der Erde, führte doch der Blick auf den ‚Heimatplaneten‘ erstmals zu einer bewussten Reflektion des Umgangs mit der Natur.