In den USA ist in alltäglichen Interaktionen ein stillschweigender Rassismus institutionalisiert. Und anderswo?

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Abstract

In unserem Buch Tacit Racism („Stillschweigender Rassismus“) zeigen wir, dass Rassismus in den Vereinigten Staaten in die „alltäglichen“ Erwartungen an zwischenmenschliche Interaktionen eingeschrieben ist. Dafür gehen wir der Frage nach, wie es auf einer sozialen Ebene, die wir als „Interaktionsordnung von race“ (Interaction Orders of Race) bezeichnen, zur ständigen Produktion und Reproduktion von unbewusstem Rassismus kommt, der sich im Alltag auf „stillschweigende“ und unhinterfragte Weise bemerkbar macht. In den USA sind soziale Konstruktionen von race spätestens seit dem 16. Jahrhundert die wichtigste Kategorie bei der Herstellung der sozialen, professionellen und bürgerschaftlichen Ordnung in den USA, bis heute sind sie tief in den Strukturen sowohl des formalen Rechts als auch informeller Praktiken verankert. In unserem Buch beschreiben wir, wie Menschen in der Begegnung mit anderen kontinuierlich und unbewusst auf eine Reihe von Erwartungen zurückgreifen, die unser Handeln bestimmen und anleiten. Da diese Erwartungen und Voreinstellungen durch einen über Jahrhunderte gewachsenen systemischen Rassismus geprägt sind, sehen wir uns permanent dazu veranlasst, auf der Grundlage rassistischer Vorurteile zu agieren, die unser gesamtes Handeln beeinflussen können: von der Art, wir wir unsere Nachbarn begrüßen, bis hin etwa zur Frage, ob wir einen zweiten Blick auf einen bestimmten Lebenslauf werfen. Bei dem „stillschweigenden Rassismus“, so unsere These, handelt es sich um eine der sich am schnellsten ausbreitenden und gefährlichsten Bedrohungen für die Zukunft der Demokratie. Wir gehen davon aus, dass die US-amerikanische Entwicklung eines binären kategorialen Schemas, das sich an der strikten Opposition von Schwarz und Weiß orientiert, in gewisser Weise singulär ist. Mit der Absicht, Forschungen und Ansätze zu race auch in anderen Ländern zu bereichern, fragen wir in dem Sonderheft der Zeitschrift für Kulturwissenschaften 2/2021 darüber hinaus, ob und inwiefern sich auch in anderen Ländern Elemente eines „stillschweigenden Rassismus“ finden lassen. Dabei argumentieren wir, dass die spezifischen Bedingungen, die in den Vereinigten Staaten zur Herausbildung eines binären Systems der Rassen geführt haben, zwar ganz andere sind als in Europa, die US-amerikanische Praxis und Konstruktion von race jedoch in die ganze Welt exportiert wurde, wodurch auch in anderen Gesellschaften die tiefe Verankerung von „stillschweigendem Rassismus“ verschärft werden konnte.

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@MISC{Warfield Rawls2022,
 author = {Warfield Rawls, Anne and Duck, Waverly},
 title = {In den USA ist in alltäglichen Interaktionen ein stillschweigender Rassismus institutionalisiert. Und anderswo?},
 year = 2022,
 doi = "\url{http://dx.doi.org/10.25969/mediarep/19313}",
 volume = 22,
 address = {Siegen},
 series = {SFB 1187 Medien der Kooperation – Working Paper Series},
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